Geduld

Ich konnte es kaum glauben, aber heute Morgen früh war der Himmel blau mit Wölklein besetzt. Aus meinem Panorama-Schlafzimmerchen wollte ich den  Sonnenaufgang erspähen aber der war so was von fad. Und dann zog Nebel auf. 

„Kommt schon auch mal wieder“, „Geduld haben (deine Spezialität)“ bekam ich vom Herrn Psychologen auf meinem Kommentar zurückgeschrieben. 

Oh, wie gerne wäre ich geduldig! Die Ruhe in Person. Unemotionell wartend. Geduldig erwartend. Einfach Zen und Ommm Chanti Ommm von innen heraus. Nicht mir sagend sondern sein. Nicht mich ablenkend sondern fokussiert ruhig im Gefühl. Keinen Drang spüren. Kein Verlangen.

Denn es gibt sie, diese Menschen. Denen es von Natur aus gefällt zu warten, denen es schon immer einerlei war, was morgen passiert, die Geplantes hundertmal umplanen, ... Leider gehöre ich zu den Bangenden, ich stehe dazu und lasse es zu. Denn ich kann es kaum erwarten, ich liebe die Vorfreude, bis es mal endlich losgeht, bis die Antwort kommt, bis ich es weiss, am besten jetzt, bis die Person da ist oder ich bei ihr bin, bis das Flugzeug abfliegt, ob ich es wohl verpasse? Ich zähle die Tage, die Stunden, die Sekunden, ... wenn ich es kommen sehe, vielleicht geht es schief, was wird wohl passieren, jegliche Szenarien ausmalen,....

Geduld ! Hallo?!: Folter! 

Aber ich bin schon viel besser geworden. Ich kann total cool spielen und innerlich verzwatzeln. Ausharren. Abwarten und Tee trinken. Am besten wäre sich betrinken und in den Dornröschenschlaf fallen, bis das Erwartete eintrifft. Oder eben nicht.

Mein Kopf ist gestern, jetzt, oben, unten, drinnen, draussen, morgen, übermorgen, vor einem Jahr, in zwei Monaten, was hätte sein können oder was evtl sein wird oder nicht. Ich bin gewappnet für jegliche Situationen, freue mich, wenn’s kommt wie ich dachte, oder noch besser ist, bin traurig, obwohl ich es vermutete, enttäuscht, obwohl ich es schon kommen sah. 

Aber Geduld. ‚Es kommt wie es kommt‘ und ‚wie es kommen muss‘. Oder es kommt gar nicht. Sozusagen der Egal-Modus einstellen. Den habe ich nicht in meinem System. 

Dafür den Flugmodus im Handy für die Nacht. Und der Morgen kommt bestimmt. Das beruhigt.

im Sofa in Florenz

Weisswein im Glas
Füsse hoch
Musik klingt
ich beschwingt

Oliven im Mund
Zehen wippen
der Finger winkt
die Trommel swingt

Florenz im Glanz
meine Seele tanzt
mein Herz springt
Mart’nália singt

Farben vor mir
Pinsel, Papier
es gelingt
Freude erklimmt

Gedanken drehen
kommen und gehen
die Logik hinkt
die Stimme ringt

Ein bisschen plaudern
Ein bisschen lachen
die Stimmung stimmt
die Nacht beginnt

Vielleicht

Ihr müsst wissen, ich liebe es zu planen und ich liebe die Vorfreude. Ich kann mich Wochen im voraus auf etwas freuen. Bin ungeduldig und kann es kaum erwarten. Aber (Vorsicht, altbackener Spruch:) das Leben lehrt einem. Bääää.

Was morgen ist? Keine Ahnung! Und noch unvorstellbarer: Ich bin in diesem Moment so was von Ommmm Chanti Ommmm.
Also, stellt euch mal vor:
Es ist jetzt ein Uhr nachts und vielleicht fahre ich morgen in die Ferien. Vielleicht am Mittag, vielleicht abends. Vielleicht mit meinem guten Freund C. Er hat kurzfristig Ferien eingegeben aber die Woche verwechselt, vor drei Stunden herausgefunden. Vielleicht erlaubt ihm morgen früh sein Chef noch kurzfristiger in die Ferien zu fahren, nämlich gleich, aber vielleicht kann er jetzt morgen nicht mit in die Ferien fahren. Vielleicht muss ich alleine fahren. Dann vielleicht besser erst übermorgen oder überübermorgen. Denn heute Abend rief noch jemand an, ob ich vielleicht Interesse an einem Pferd hätte. Vielleicht gehe ich dann morgen dieses Pferd ansehen, welches vielleicht mein zukünftiges Pferd wird. Fragt mich nicht mit welchem Geld, aber vielleicht ergibt sich das dann auch. 

Vielleicht findet ihr jetzt, die spinnt total. Vielleicht habt ihr recht. Vielleicht träume ich ja alles und morgen erwache ich und dann ist vielleicht alles anders. Vielleicht kann ich aber auch gar nicht schlafen vor lauter vielleicht. 

Vielleicht bin ich doch nicht so Ommmmmmmmmm..... 

Sapperlott. Gute Nacht!

Himmlisch

So sitze ich am Laptop mit meiner Steuererklärung, letzte Eisenbahn wie immer, meinen Einzahlungen, einem von meiner liebsten Nachbarin ausgegessener Schüssel Dal und mir laufen die Tränen die Backe runter. Nein, nicht wegen dem Saldo. Da ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Nein. Mir schmeichelt und mich streichelt gerade Valer Sabadus‘ göttlich seidene Stimme um und in die Ohren, ins Herz und überhaupt.
Es gibt viele schöne Countertenor-Stimmen, Andreas Scholl, seine Bachkantaten sind wunderschön, mag ich auch, oder Philippe Jaroussky, eher dramatisch angelegt.
Doch Valer Sabadus ist der Killer. Seine Ausdrucksweise, seine Pianostellen, sein feines Verständnis der Dramatik, seine Intonation, seine Perfektion auch in den schnellen Passagen. HolladieWaldfee! Wie ein Rehlein verzaubert er mit seinen Sprüngen und seiner Eleganz die Zuhörer. Ja, kein Hirsch, ein Reh. Fein und zart. Manch eine Operndiva fegt ihn von der Bühne mit ihrer Lautstärke. Aber genau um das geht es. Ist es nicht so, dass oft in den Barockopern es einem die Falten glättet vor lauter vibrierender Lautstärke. Und plötzlich kommt so eine zart und feine Eleganz und singt bis in die hinterste Ecke des Raumes ohne Gebrüll. Ok, die Falten bleiben. Aber für das gäbe es nachhaltigere Methoden.
Zum Glück gibt es nach diesem dramatisch, oder nein, herzzerreissend schönen Satz auch wieder ein gefühltes Allegro molto Vivace, welches einem erinnert, dass man doch bitte diese Steuererklärung fertig ausfüllen soll. Buff.
Tränen trocknen. Und Hü !

Und ja: Hier der Link zum weinen.

https://youtu.be/GQSGce7wv1I

Und wenn wir schon bei Steuern sind: ein grosses JA: CD kaufen (!) oder in irgendeiner Form Musik bezahlen

Der Himmel drückt

der Winter rückt

näher doch zuvor

tritt der Herbst durchs Tor

mit seiner Farbenpracht

sich ins Fäustchen lacht

Bald fallen die Blätter

der Nebel als Retter

die nackten Bäume umhüllt

Im Wald der Hirsch brüllt

sich die Kehle wund

zur späten Stund

Die nächtliche Strenge

treibt den Tag in die Enge

Ans Fenster klopft leise

auf seine Weise

der Regen sein

Lied und ich mein

Gedichtlein

reim.

Lebenswert

 

Das Leben lässt mich nicht ruhen
Das Bewusstsein nicht schlafen

Jeder Atemzug ist mir ein Lebensbeweis
eine Portion Universum
Jede Berührung eine Berechtigung des Daseins
Jeder Augenblick ein Ergründen neuer Sichtweisen
Jeder Anblick eine Sicht in Tiefen und Fernen 

Jeder Duft regt meine Sinne
Jeder Ton kitzelt die Hirnzellen
Musik streichelt meine Seele, meinen Körper, meinen Geist und mein innerstes; mein ich

Menschen bewegen mein Herz und machen mein Leben lebenswert

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