Jetzt liege ich ganz erschöpft aber seelig unter meinem zusammengeknüpften Moskitonetz-Himmel im Bett , meine Ohren rauschen, gerade wieder ein bisschen mehr, aber zu dem warum komme ich noch. Erst einmal klingt noch der Dvorak in mir, den die vielen Frauen so schön gesungen und gespielt haben. Klänge aus Mähren. Es ist zwar definitiv keine Blockflötenmusik, aber es klang erstaunlich schön, selbst im Grünen, mit dem rauschenden Bach daneben und einer befahrenen Strasse.
Wie wunderbar ist es doch, selber zu musizieren oder zu singen. Klangkörper schwingen zu hören, Resonanz spüren, seinen eigenen Körper fühlen. Zur Ruhe kommen. Sich Zeit nehmen. Etwas gemeinsam tun. Sich austauschen. Seine Sinne walten und entfalten lassen. Sinuskurven in die Luft senden. Klingende Luft. Mit dem Wind davon getragen. Danach ist nichts mehr davon zu hören. Wie meine Freundin M sagte: Wir MusikerInnen produzieren Luft.
Wie ersehne ich mir manchmal diese Zeiten, wo die Dauerbeschallung kein Thema war. Wo man um Musik zu hören, sie entweder selber machen oder sich dafür Zeit nehmen musste. Nichts trällerlete so nebenbei. Ausser man war KönigIn. Da hatte man Komponisten u Musiker im Schloss, welche einem für welche Gelegenheit und welche Orte auch immer, Musik ganz nach seinem Gusto komponierten und aufführten. « Trios pour la chambre du roi ». « Ballets symphoniques ». « Concerto per la notte di Natale ». « Pavane for a funeral ». « Tafelmusik »
Heute sind wir alles kleine KönigInnen. Haben Musik immer und überall. Zumindest wir hier, welche uns Internet leisten können. Oder ein digitales Radiogerät. Und können auch rücksichtslos seinen Mitmenschen gegenüber, überall Musik hören und alles und alle beschallen.
Meine Ohren melden sich immer noch. Ja, die leiden seit dem Öffnen der Airbags bei meinem Auffahrunfall im März. Mein Beruf ist nicht sehr hilfreich, vor allem die Sopranblockflöten sind bissig. Kleine Kinder sind laut. Zudem mein tägliches Velo fahren, wo der Wind mir um die Ohren saust. Und mein Bedürfnis, Konzerte zu besuchen und an Partys zu tanzen, ist alles kein Mittel zur Beruhigung. Auch bei Stress beginnen sie zu sausen. Nimmt mich doch diese Nahost Situation sehr mit. Wo ich um Freunde in jeglichen Nationen bange. Und mir grundsätzlich das Leiden der Bevölkerung wegen herrschsüchtigen Politikern (kein feminin!) sehr nahe geht.
Nun betrete ich aber ein Thema, welches zwar endlich mal nötig wäre, auf dem Tisch ausgebreitet und genauer betrachtet zu werden. Aber wie gross müsste der Tisch sein, damit alles nötige Platz drauf hat? Und wieviele Augen müssten losgebunden werden, um das auf den Tisch gelegte sehen und lesen zu können und zu wollen? Meine Ohren sausen noch mehr.
In der Zwischenzeit bin ich eingeschlafen, nun ist es Morgen, die Sonne scheint auf mich und mein Bett, die Kaffeemaschine ist schon warm. Bald kommt A und wir gehen zusammen auf den « Marché » um « fromage » für seine morgige Einladung zu kaufen.
Auf auf!