Das Land der Gartenzäune

Steht es nicht in den Geschichtsbüchern, dass sich die Eidgenossen vom Heiligen Römischen Reich getrennt haben um ihre Freiheit zu erlangen? Und nennen sie nicht den Wahlspruch „ Unus pro omnibus, omnes pro uno“ ihr eigen? Die Freiheit ihre Zäune zu pfählen und ihre Territorien (gibt es da eine Verniedlichungsform?) abzustecken? Und was der Wahlspruch anbelangt, haben sie wohl im Lateinunterricht nicht so aufgepasst und es als „jedem das seine“ übersetzt.
Denn jede hundert Meter, die Schweiz ist klein, muss man vom Pferd steigen und ein Gatter auf und zu machen. Oder einen Elektrozaun aus- und wieder einhaken. Oder  die eleganteste Version: Zu Pferd im Sattel die dafür konzipierten Tore aufdrücken und hindurchreiten. La classe! 

Aber alles das geht nur auf den speziellen Reitwegen. Wagen sie ja nicht spontan einen anderen Weg zu nehmen. Ausser mit Zange, Drahtschere und Eisensäge. Eventuell noch einen Presslufthammer in der Bauchtasche für hartnäckige Fälle. Denn bei uns Schweizern ist nichts halbbatzig sondern erdbeben- und bombensicher in 1A-Qualität. Kein Durchkommen für Unvorhergesehene. Keine Spontanität und kein Zufall. Jedem sein Gärtchen und jedem seinen Weg.
Der Veloweg, das Trottoir, die Autobahn, die Langlauf Loipe, die Skipiste , die Schlittelbahn, der Wanderweg, die Finnenbahn ... und jetzt auch noch der Reitweg. Mit Beschilderung und Nummerierung. Und man wäre ja nicht in der Schweiz, wenn es nichts kosten würde. Im Jura einen Tagespass für 7.- oder eine Jahresgebühr für 100.- 
Um die Reiterwege zu kennen, muss man die speziellen Papier- Reiterwanderkarten kaufen, 18.- eine. Nix digital. So ist planen angesagt, damit sie rechtzeitig zu Hause im Briefkasten ist. Ansonsten stehen sie (wie ich mit Jem) vor dem Touristenbüro in St-Ursanne von draussen herein rufend (zum Pferd anbinden ist nichts vorgesehen) um an diese kostbaren Dinger zu gelangen. Ride-through.
Diese auf den Karten eingezeichneten Wege lotsen einem fein säuberlich über Berg und Tal, durch Dörfer, auf Wiesen, Wegen und Strassen, alles legal, mit dem Landbesitzer (vertraglich?) geregelt etc etc. Viel Arbeit. 

Aber ehrlich gesagt vergeht einem das Prärie- und Naturfeeling sofort und einem kommen Anarchiegefühle hoch. Und stellen sie sich das vor bei 32 Grad von Brämenschwärmen umzingelt: Der rettende Wald ist für Reiter abgezäunt!

Da sag ich nur: No borders no Nations.
Und: Nieder mit dem Gartenhag!

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