Da kommt man frohen Mutes auf dem „Col les Rangier“ an und ein Mann mit Besen in der Hand ruft, er hätte gemeint, ich sei die Schwester von „Old Shatterhand“. Ist das jetzt ein Kompliment? „Alte Tschättere“ kommt mir phonetisch übersetzt spontan in den Sinn. So alt bin ich jetzt auch wieder nicht. Ich musste mal googeln. Aha, Winnetou’s Freund und der sieht sogar noch schmuck aus! Jetzt bin ich gleich noch froheren Mutes.
(Es sei hier zu bedenken, dass Winnetou reine Bubensache war! Wir Mädchen lasen Frederica de Cesco’s „roter Seidenschal“.)
Am Übernachtungs-Ziel angekommen streifte ich mir nach der Dusche mein Pocahontas-Shirt über, um beim Thema Wild West zu bleiben. Aber auf der mir lieberen Indianer-Seite. Doch nach ein paar Schritten ausser Haus erinnerte ich mich, dass wir uns auf einer zwar nicht so hohen, aber eben: Passhöhe befanden und Pocahontas definitiv in wärmerer Gegend unterwegs war. Somit zog ich meine Lederjacke an. Sozusagen halb undercover mit den Motorrad-Aktivisten hier im Pass-Restaurant. Ich frage mich gerade, warum sich die Frauen dies antun. In dieser Ganzkörper-Lederkluft auf diesen meist genauso unansehnlichen Potenzmaschinen. Aber vielleicht denken sie dasselbe von mir: Auf ihrem schwitzenden Gaul von Brämen verfolgt durch die Hitze und Staub reitend. Und erst noch im Schneckentempo. Denn Jem ist ein weneli langsam im Schritt.
Heute Morgen wurde ich schon bemitleidet wegen meinem zerbrochenen Karabiner-Gebastel. Ich bekam eine Handvoll taugende Riemen und Schnallen zum Weiterreisen. Zudem wurde ich die Hälfte meiner Etappe vom « Maître Cavalier » und seiner Nachbarin eskortiert mit der schon öfters gehörten Bemerkung, mein Pony sei eher im Shopping- als im Wandergang.
Vielleicht sollte ich bis nach Milano reiten? Oder Paris? Da gäbe es dann eine schöne High-Quality-Hermes-Ausrüstung für das Pony (und mich).
Ich wäre sofort dazu zu haben. Allfällige Sponsoren sollen sich doch bitte umgehend bei mir melden.