Liebeskummer

Als vor Jahren die Tochter meines langjährigen Nachbarn uns vekündete, sie hätte ihren ersten ernsthaften Freund, meinte ihr Vater : „Willkommen im Leben. Jetzt fangen die Sorgen an und hören nie mehr auf!“

Mein guter Freund, frisch verliebt auf Wolke sieben schwebend, den ich jetzt endlich im sicheren Hafen glaubte, rief mich kürzlich an, die rosa Wolke sei sich am Verfärben und die Sicht in die nähere Zukunft sähe langsam düster aus. Jetzt malt er sich Brüder Grimm mässig Happy Endings aus, aber der Liebeskummer wartet hinter dem Wolkenmeer. Ach herrje. 

Ihre Tochter, so schrieb mir meine Freundin, sei in ihrem Zimmer am Weinen, da ihr Freund mit ihr sprechen wolle, nachdem er ihr die letzten Wochen so ziemlich aus dem Weg ging. Wir waren alle ganz nervös. Nach dem Gespräch weinte sie noch mehr. Und wir Erwachsenen innerlich mit ihr. Er habe sich entliebt und hat mit ihr Schluss gemacht. Was für ein Depp. So eine tolle findet er nie mehr !

Und gestern rief mich eine andere Freundin an, ihre mehrwöchigen Ferien mit ihrem tollen neuen Freund seien ein bisschen zur Zerreissprobe mutiert. Zu Hause angekommen vergrub er sich in Arbeit und sprach von Distanz und Freiheit. Au Backe. 

Scheinbar stehen für gewisse meiner liebsten Menschen zur Zeit die Sterne schief. Gibt es ein schlimmeres Gefühl als Liebeskummer? Er ist und bleibt immer wieder ein neuer Horror. In jedem Alter unerträglich schlimm. An meinen letzten Liebeskummer möchte ich gar nicht denken. Der war gesalzen und gepfeffert. Siebentausend Höllenhunde habe ich gelitten. Und ich bin immer noch am Wunden lecken. Manchmal habe ich das Gefühl, man leckt zudem beim neuen alle alten Liebeskummer mit. 

Ich suche gerade nach dem Plural dieses Wortes. Vergeblich. Heimatdonner. Einspruch! Was für ein Nichtsnutz hat denn dieses Wort erfunden?
Denn wer auf dieser Welt hatte nur ein einziges Mal Liebeskummer?