Testarossa

Sind sie schon mal in Italien Auto gefahren ?

Ich würde mal behaupten, die Italiener kommen mit einem Ferrari Gen auf die Welt. Ich meinerseits fahre viel Auto, liebe Italien und dort im Auto unterwegs zu sein. Und so richtig Autofahren habe ich in diesem Land gelernt. 

Vor dem italienischen Punkte-Bußesystem war ich in Italien mit dem Gaspedal am Anschlag immer bei den langsamsten. (Ich muss gestehen, meine Autos waren auch keine Raketen. Aber trotzdem.) 

Milano - Parma, meine Lieblingsstrecke. 100km dreispurig geradeaus! Wehe man traute sich auf die linke Spur. Da kam ein Italiener aus dem nichts von hinten mit Scheinwerferlicht signalisierend mit zweihundertweissichnichtwieviel Sachen aufgefahren. Ich nach rechts auf die mittlere Spur und er Husch an mir vorbei. Weiter auf der mittleren Spur kam ein Lastwagen ohne Skrupel von der rechten Spur raus, ich zurück auf die linke Spur. „Action-réaction“ sage ich da. 

Oder Milano - Genova.
Ein Autobahnabschnitt mit lauter fiesen Kurven. Da hat mich doch, anno Tubak, eine alte Feuerwehr-Klapperkiste in einem Affenzahn überholt. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ihm hinterher merkte ich, dass er alle Kurven schnitt. Seitdem schneide ich sie auch. 

In den Städten gibt es auch spezielle Codes. Wir Schweizer sind ja berühmt berüchtigt den Rechtsvortritt nicht zu nehmen und dem linkskommenden zu überlassen. Überzuvorkommend. Die Franzosen ärgern sich grün und blau ab uns.
In Florenz am Steuer von Marta’s altem Fiat, im Swiss-Modus nur im Schneckentempo vorankommend, bekam ich die italienische Manier erlernt: Einfach fahren und keine Rücksicht nehmen. Die anderen fügen sich schon. Und es funktioniert. Zufahren, Blinker rechts und rechts, Blinker links und links. Herrlich. 

Wie habe ich mich doch heute gefreut, von meinen italienischen Fahrkünsten wieder mal gebrauch zu machen. Doch ab Chiasso dachte ich, ich sei zwischen Egerkingen und Bern unterwegs. Nur mit mehr Testosteron um mich herum. Für die nicht Schweizer oder die Zugfahrer sei erklärt oder bestätigt, dass man von Egerkingen nach Bern am besten mit dem Zug fährt, ansonsten braucht man zu jeder Tageszeit doppelt so lang und ärgert sich grün und blau. Oder man ist in steter Gefahr eine saftige Busse einzufangen und bald unfreiwillig zum Zug Fahrenden zu werden. Denn die Solothurner und Berner fahren nämlich aus Prinzip links und erst noch aus Prinzip langsamer. Da ist die einzige Lösung rechts vorbeifahren und noch ein bisschen Slalom dazu. Tja, nicht wirklich legal. 

Auf jedenfall heute kam es mir vor als ob der hinterletzte Italiener wegen den Corona-Massnahmen sein Auto aus der Garage holte und zum Bern - Solothurnspiel aufrief. Einfach im Formeleins Modus. Nicht mehr lustig. Testosteron- Slalom und Testosteron- aufschliessen und abbremsen. Und wir (wenigen!) Schweizer im Schweizer Modus  brachen sie logischerweise in Rage. Fast hätte selbst ich Radio-Maria laufen lassen, hätte nicht schon das Einstellen eine Massenkarambolage und meinen sicheren Tod bedeutet. Ohne Radio-Maria aber fix und foxi kam ich in Florenz an.

So rate ich euch bei einer geplanten Italien Reise mit dem Auto zu Zeiten des Coronaviruses: vorher auf der Stecke Egerkingen - Bern üben gehen, danach fünf Zacken mehr im Kopf praktizieren und zur Sicherheit am Abfahrtstag die Radio-Maria Frequenz schon vor dem Grenzübergang zu speichern.